Hutba: Iblîs – der erste Rassist

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Verehrte Muslime!

Wenn wir „Subhânallâh“ sagen, drücken wir damit aus, dass Allah frei von jeglichen Fehlern ist. Seine Perfektion zeigt sich vor allem in seiner Schöpfung. Die unzähligen Arten von Pflanzen und Tieren, die Berge, die Meere und die Erschaffung des Menschen – all dies sind Zeichen für die unendliche Macht Allahs. Die verschiedenen Farben, Geräusche, Gerüche und Geschmäcker, die Allah erschaffen hat, sind große Gaben, die unser Leben bereichern. Ebenso machen unsere verschiedenen Ethnien, Sprachen, Traditionen und Kulturen unsere Welt bunt und interessant. Wer dennoch seine eigene Nation oder Kultur als überlegen ansieht und auf andere hinabschaut, hat damit sozusagen die Schöpfungskraft Allahs geringgeschätzt.

Liebe Geschwister!

Im Koran wird Iblîs, also der Teufel, als erster Rassist beschrieben. Als Allah den ersten Menschen Adam (a) erschuf, befahl er Iblîs und den Engeln sich vor ihm niederzuwerfen, um ihn willkommen zu heißen. Jedoch weigerte sich Iblîs und versuchte seinen Ungehorsam auch noch zu rechtfertigen. (Allah) fragte: ‚O Iblîs! Was hinderte dich daran, dich niederzuwerfen vor dem, was ich selbst erschuf? Bist du zu stolz oder glaubst du etwa, höherrangig zu sein?‘ Er antwortete: ‚Ich bin besser als er! Mich hast du aus Feuer erschaffen, ihn aber nur aus Lehm.‘“[1] Obwohl es in der Realität gar keinen Unterschied macht, sah Iblîs seine Erschaffung aus Feuer als Beweis seiner Überlegenheit. Deshalb widersetzte er sich dem Befehl Allahs und wurde zum ewig verfluchten Satan.

Verehrte Muslime!

Rassismus ist die größte Plage unserer Zeit. Er macht das gemeinsame Leben unmöglich. Rassismus durchzieht die gesamte Menschheitsgeschichte und ist Ursache zahlreicher Katastrophen. Der Genozid von Srebrenica und der transatlantische Sklavenhandel, durch den Millionen von Westafrikanern ausgebeutet wurden, sind nur ein paar erschütternde Beispiele dafür. Rassismus ist kein Phänomen, das auf bestimmte Regionen begrenzt ist. Er ist vielmehr eine globale Realität, die alle Länder vergiftet. Auch zu Lebzeiten unseres Propheten ﷺ gab es Rassismus.

Als unser Prophet ﷺ bei der Einnahme Mekkas seinem Gefährten Bilâl  (r), den Abessinier, aufforderte, auf die Kaaba zu steigen, um den Gebetsruf zu verlesen, störten sich einige daran aufgrund seiner dunklen Hautfarbe. Einige machten sogar rassistische Bemerkungen. Daraufhin offenbarte Allah die folgenden Koranverse: „O ihr Menschen! Wir erschufen euch aus einem Mann und einer Frau und machten euch zu Völkern und Stämmen, damit ihr einander kennenlernt. Doch der vor Allah am meisten Geehrte von euch ist der Gottesfürchtigste unter euch. Allah ist fürwahr wissend, kundig.“[2] So betonte auch unser geliebter Prophet ﷺ, dass keine Ethnie einer anderen überlegen ist.[3] Außerdem sagte der Gesandte Allahs ﷺ: „Allah schaut weder auf eure Gesichter noch eure auf Körper. Vielmehr schaut er auf eure Absichten und Taten.“[4]

Liebe Geschwister!

Vor genau einem Jahr (am 19.02.2020) haben wir erneut die zerstörerische Kraft des Rassismus erlebt. Denn beim rassistisch motivierten Terroranschlag in Hanau wurden bewusst Menschen angegriffen, die ein fester Bestandteil unserer Gesellschaft sind, aber dennoch als Fremde markiert wurden. Neun Menschen, die ihr Leben noch vor sich hatten, wurden ermordet. Mit ihnen verschwanden auch ihre Lebensziele, Pläne und Träume. Ihre Eltern, Geschwister, Kinder und Freunde hinterließen sie in tiefster Trauer.

Diese unmenschliche Tat ist das Ergebnis einer gefährlichen Einstellung, die die von Allah erschaffenen Unterschiede nicht als Bereicherung, sondern als Gefahr versteht. Einer der wichtigsten Gründe für die Verbreitung solcher Gedanken ist die Rhetorik, die bestimmte Teile der Bevölkerung und insbesondere Muslime als Problem darstellt. Hier trägt die Politik eine große Verantwortung.

All die negativen Ereignisse dürfen uns Muslime aber nicht die Hoffnung verlieren lassen. Denn es gibt genügend gewissenvolle Menschen, die sich für das Richtige einsetzen. Diese bilden die Mehrheit der Gesellschaft. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, füreinander einzustehen und gemeinsam gegen jedes Unrecht vorzugehen. Die erste Bedingung dessen ist es, dass wir einander kennenlernen.

Möge Allah uns zu jenen einsichtigen Menschen gehören lassen, die Unterschiede als Bereicherung sehen. Möge er all unseren verstorbenen Geschwistern vergeben. Âmîn

[1] Sure Sâd, 38:75-76
[2] Sure Hudschurât, 49:13; Für den Offenbarungsanlass siehe Mukâtil b. Sulaymân, Tafsîr Mukâtil b. Sulaymân, 2002, Bd. 4, S. 96f.
[3] Vgl. Musnad Ahmad, Bd. 38, S. 474, Hadith Nr. 23489
[4] Sahih Muslim, Birr, 10

Hutba-Iblis – der erste Rassist

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